Aktuelles aus der Politik
Schlechte Stimmung trotz manierlichen Erlösen – die extremen Teuerungen der letzten Jahre normalisieren sich und im Regelfall konnte mit Nutztieren im vergangenen Jahr wieder Geld verdient werden. Die Betriebsaufgabewelle, insbesondere in der Schweineproduktion, führte zu einer Verknappung des Angebots und zu Preiserhöhungen. Jedoch sorgt die Flut an neuen Gesetzen, Richtlinien und Verschärfungen für große Unsicherheit bei Landwirtinnen und Landwirten. Immer neue Auflagen tragen dazu bei, dass Praktiker Schwierigkeiten haben, die Entwicklung ihres Betriebes zu planen. Geschürt wird diese Unsicherheit auch durch Bekenntnisse des Lebensmitteleinzelhandels zu höheren Haltungsstandards; die Erfahrung zeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Tierwohl zwar begrüßen, in Zeiten allgemeiner Teuerungen aber zu günstigen Produkten greifen.
Mit großer Sorge blickte der BRS auf die Entwicklungen im Bundesprogramm Nutztierhaltung. Trotz der engen Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis, die für die weitere Entwicklung im Bereich Tierwohl, Tierhaltung und Tiergesundheit von großer Bedeutung ist, wurden Geldmittel gestrichen. Laufende Projekte können zwar fortgesetzt, aber keine neuen initiiert werden. Besonders die Bereiche Nachhaltigkeit, Forschung und Innovation trifft es stark. Die Verbände BRS, FBF und DGfZ machten im August 2023 mit einem Positionspapier auf die Bedeutung der Forschung im Bereich Tierhaltung und die Folgen aufmerksam.
In Zusammenarbeit mit dem Fachbeirat Schwein und verschiedenen Vertretern aus den im BRS organisierten Erzeugerringen und Rinderorganisationen wurden erneut verschiedene Stellungnahmen zu den Entwürfen aus der EU und dem BMEL veröffentlicht, welche in Auszügen verschieden Fachzeitschriften und der Tagespresse zitiert wurden. Das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz ist im August 2023 in Kraft getreten und Betriebsleiter müssen bis zum August 2024 ihre Haltungsform gegenüber der zuständigen Behörde ausweisen. Dabei herrscht in den Bundesländern nach wie vor Uneinigkeit über Zuständigkeiten, Meldeformularen und die Ausgestaltung einzelner Haltungsformen. Das Bundesprogramm zur Förderung des Umbaus der landwirtschaftlichen Tierhaltung, das ab März 2024 eine investive Förderung und ab April 2024 eine Förderung laufender Mehrkosten vorsieht, läuft nur schleppend an. Zu hoch wurden die Hürden in den einzelnen Programmen gesetzt und so ist das Programm für den größten Teil der Schweinehalter irrelevant. Besonders ärgerlich ist, dass durch das neue Programm die AFP-Förderung in den einzelnen Ländern schrittweise eingestellt wird. Dadurch haben konventionell wirtschaftende Betriebe in absehbarer Zukunft keinen Zugriff mehr auf Fördergelder. Positiv ist die im Februar 2024 in Kraft getretene Herkunftskennzeichnung von frischem, gekühltem oder gefrorenem nicht-vorverpacktem Schweinefleisch Fleisch zu bewerten. Ob die Kennzeichnungspflicht zu einer erhöhten Wahrnehmung seitens der Verbraucher führen wird, bleibt abzuwarten. Der BRS setzt sich aber weiterhin dafür ein, dass die Kennzeichnung auch auf den Außer-Haus-Verzehr / Systemgastronomie ausgeweitet wird.
Erhebliche Verunsicherung geht auch von der geplanten Novellierung des Tierschutzgesetzes aus. Neben Verschärfungen zur Reduktion von nicht-kurativen Eingriffen am Tier, wie z.B. dem Enthornen von Kälbern oder dem Kürzen von Schweineschwänzen, soll die Qualzucht
in Deutschland verhindert werden. Die Formulierungen in der Novelle sind allerdings frei interpretierbar, sodass im Allgemeinen die Nutztierzucht hierdurch verhindert / stark eingeschränkt werden kann. Im Dezember 2023 nahm der BRS zum Eckpunktepapier der Anpassung des nationalen Tiergesundheitsrechts an das EU-Tiergesundheitsrecht Stellung. Den Schwerpunkt bilden neue Regelungen bzgl. der Meldung von Seuchen. Vorgesehen ist, dass auch nicht nach EU-Recht gelistete Seuchen
gemeldet werden sollen. Der BRS hat darum gebeten, dass in der zukünftigen nationalen Gesetzgebung auch für diese Seuchen die Falldefinitionen nach der DelVO (EU) 2020/689 gelten muss.
Die Bekämpfungsmaßnahmen bei der Afrikanischen Schweinepest zeigen Wirkung; immer mehr Sperrzonen werden aufgelöst und Regionalisierungsabkommen vereinbart. Zudem konnte die Initiative Gesundes Kalb, gesunde Kuh
des BRS in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT) das online verfügbare Nachschlagewerk für Milchviehgesundheitsthemen mit Informationen rund um die Stoffwechselgesundheit
erweitern.
EU – Verschärfungen beim Tiertransport und Emissionsrichtlinien vorgesehen
Die Pläne für die neue Tiertransportverordnung der EU sorgen für großen Unmut. Besonders der Handel mit Rindern wird unter anderem durch eine Neudefinition von Sammelstellen, erhöhte Platzvorgaben und übertrieben Temperaturbeschränkungen beim Transport erschwert. Mit Hilfe von Seiten des BMEL ist nicht zu rechnen. Dessen Hausspitze hat bereits anklingen lassen, dass der vorliegende Entwurf nicht weitreichend genug gehe. Für Schweinebetriebe stellt die europäische Industrieemissionsrichtlinie weiterhin eine große Herausforderung dar. Demnach müssen zukünftig alle Schweinehaltungseinrichtungen, die 350 GV umfassen, über Abluftreinigungsanlagen entsprechend den BVT-Merkblättern verfügen. Rinderhaltende Betriebe bleiben von den höheren Auflagen zur Vermeidung von Ammoniakemissionen verschont. Diese unverhältnismäßigen Zusatzbelastungen werden den Strukturwandel in Deutschland und Europa weiter beschleunigen.
Teller-Trog-Diskussionen und Ernährungsempfehlungen
Nutztiere werden als Nahrungskonkurrenten des Menschen kritisiert. Es wird eine Minimierung dieser Konkurrenz angestrebt. Seit einiger Zeit wird versucht, das Nutzungspotential von Futtermittel für die menschliche Ernährung zu bewerten. Hierfür wird jedes Futtermittel mit einem Faktor gewichtet, der den Anteil ausweist, der sich theoretisch auch direkt für die menschliche Nahrung eignen könnte (hef - human edible factor). Bei Geflügel wären das je nach Ration knapp 75%, bei Schweinen 60% und bei Milchkühen nur 36%. Der BRS formulierte seine Bedenken bzgl. des hef-Ansatzes, denn dieser weist nach Meinung des BRS einige Schwachstellen auf. Der Faktor wird aus analytischen Rohnährstoffgehalte abgeleitet und bietet Spielräume, die die landwirtschaftliche Realität nicht widerspiegeln. In der landwirtschaftlichen Praxis gibt es zahlreiche Einflussgrößen, die die Anwendbarkeit des Ansatzes stark einschränken.
2023 startete die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) einen Konsultationsprozess zu ihrem neuen Modellierungsmodell zur Überarbeitung neuer lebensmittelbezogener Ernährungsempfehlungen. Mehr als 50 Stellungnahmen mit mehr als 1.000 Kommentaren sollen eingegangen sein. Auch der BRS hat sich mit einer Stellungnahme beteiligt. Im März wurden die neuen Ernährungsempfehlungen veröffentlicht. Diese propagieren eine stärker pflanzenbasierte Kostform mit wenig Fleisch und einer Reduzierung von Milchprodukten. Die DGE begründet dies unter anderem mit Tierwohl- und Umweltaspekten und überschreitet nach Meinung des BRS somit u.a. ihre Kompetenzen. Als Basis für tierwohlbasierte Systeme werden grasbasierte Systeme genannt. Die DGE greift mit ihren einseitigen Empfehlungen massiv in den Wettbewerb ein und nimmt eine unzulässige Wertung vor, die dem DGE- Ziel der Neutralität zuwiderläuft. Die neuen Ernährungsempfehlungen stigmatisieren Lebensmittelgruppen und suggerieren Gesundheitsrisiken, die wissenschaftlich nicht begründbar sind.
Tiergesundheit
Blauzungenkrankheit
Nachdem der für Mitteleuropa neue Serotyp 3 der Blauzungenkrankheit Anfang September 2023 die Niederlande erreichte, hat der BRS unmittelbar reagiert und das BMEL gebeten, in Abstimmung mit den Bundesländern eine Regelung zur Verbringung von Tieren abzustimmen, sollte das Virus Deutschland erreichen. Als Grundlage wurde die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung gemäß Artikel 43 Absatz 2 Buchstabe d) der Delegierten Verordnung (EU) 2020/689 in Verbindung mit in Anhang V Teil II Kapitel 2 Abschnitt 1 Nummer 7 dieser Verordnung für die Verbringung von Kälbern, Schaf- oder Ziegenlämmern nach Deutschland
vorgeschlagen.
Der Aufruf des BRS wurde im Oktober wiederholt. Nachdem am 12. Oktober der erste Fall in Deutschland nachgewiesen wurde, dauerte es bis Mitte November, bevor die durch den BRS vorgeschlagene Regelung angewendet werden konnte. Diese für alle Betroffenen unbefriedigende Situation wurde gegenüber dem BMEL kommuniziert.
Epizootische Hämorrhagie der Hirsche
Vergleichbar mit der Situation beim Umgang mit der Blauzungenkrankheit hat der BRS auf die Ausbreitung der EHD in Frankreich reagiert und um die Vorbereitung von Verbringungsregeln im Fall des Eintrags des EHDV gebeten, damit eine für alle zähe und unbefriedigende Situation wie nach dem Eintrag des BTV 3 im Oktober 2023 vermieden wird. Die rechtliche Grundlage bildet die Änderung des Artikel 10 der DelVO (EU) 2020/688, wodurch Möglichkeiten analog zu denen der Blauzungenkrankheit angewendet eingeräumt werden können. Das BMEL wurde im September, November, Dezember 2023 und im Februar 2024 angeschrieben.
In einer Stellungnahme zu einer weiteren Änderung des Artikels 10 der DelVO (EU) 2020/688 verwies der BRS im März 2024 darauf, dass unter Buchstabe f eine zusätzliche Option ergänzt werden sollte: Die Tiere erfüllen spezifische Tiergesundheitsanforderungen, die von der zuständigen Behörde festgelegt wurden, um sicherzustellen, dass sie vor der Versendung über ausreichenden Immunschutz verfügen.
Ein Beispiel sind Kälber geimpfter Tiere, die einen maternalen Antikörperschutz aufweisen, sofern dies bestätigt wird, etwa durch das jeweils zuständige nationale Referenzlabor.
Außerdem, so der BRS, sollten die Zustimmungen der Mitgliedstaaten zu weiteren Optionen nach Subparagraf f in Artikel 10 auf der Grundlage einer Risikobewertung erfolgen müssen. Auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ein Mitgliedstaat leichtfertig Tiere aus SZ aufnimmt, gewährt diese Ergänzung zusätzlich Sicherheit und schafft Klarheit.
Leitlinien für die Verhütung, Bekämpfung und Tilgung der ASP in der Union
Im Juli 2023 nahm der BRS zu einem Entwurf der Leitlinien für die Verhütung, Bekämpfung und Tilgung der ASP in der Union Stellung. Den Schwerpunkt bildete der Hinweis, dass es der Praxis nicht zu vermitteln sein wird, dass Restriktionen nach einem langen Zeitraum voller betrieblicher Einschränkungen und Anstrengungen sowie wirtschaftlichen Verlusten bei Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben nicht aufgehoben werden, da ein Blick in den Kalender dem entgegensteht. Es war geplant, solche Entscheidungen auch von der Jahreszeit abhängig zu machen, da dadurch das Zirkulationsgeschehen beeinflusst werde, so die Experten.
Verordnung über tierärztliche Hausapotheken
Anfang Januar 2024 bezog der BRS zur Änderung der TÄHAV Stellung, wobei lediglich eine Anmerkung an das BMEL übermittelt wurde.
Eckpunktepapier zum 1. Schritt der Anpassung des nationalen Tiergesundheitsrechts an das EU-Tiergesundheitsrecht
Am 19. Dezember 2023 nahm der BRS zum Eckpunktepapier zum 1. Schritt der Anpassung des nationalen Tiergesundheitsrechts an das EU-Tiergesundheitsrecht Stellung. Den Schwerpunkt bilden neue Regelungen bzgl. der Meldung von Seuchen.
Vorgesehen ist, auch nicht nach EU-Recht gelistete Seuchen
als zu melden zu listen. Der BRS hat gebeten, in der zukünftigen nationalen Gesetzgebung klarzustellen, dass auch für diese Seuchen die Falldefinitionen nach der DelVO (EU) 2020/689 Artikel 9 gelten. Demnach liegt bei Nukleinsäure- und Antigennachweisen oder bei indirekten Nachweisen ein Fall ausschließlich in Verbindung mit klinischen Anzeichen für die Seuche oder einem epidemiologischen Zusammenhang mit einem Verdachtsfall oder einem bestätigten Fall vor. Unterschiedliche Auslegungen, die zum Beispiel bei der Leptospirose immer wieder aufkommen, sollen vermieden werden, was besonders für den Export von Rindersamen in Drittländer relevant ist.
Werbung für Immunologische Arzneimittel bei professionellen Tierhaltern
Nach wiederholten Anläufen, Werbung für immunlogische Arzneimittel zu ermöglichen, hat der BRS im März 2024 erstmals vom BMEL eine Rückmeldung erhalten, man werde die Schaffung einer Rechtsgrundlage prüfen, mit der Werbung für immunologische, verschreibungspflichtige Tierarzneimittel an professionelle Tierhalter gestattet
wird. Die VO (EU) 2019/6 räumt den Mitgliedstaaten diese Möglichkeit ein.
Projekte
Seit einigen Jahren befinden sich Tiertransporte in Drittländer im Fokus der gesellschaftlichen und politischen Diskussionen. Der BRS sieht sich dabei als Lösungsanbieter und entwickelt die Softwarelösung Tierwohlstandard-Transport (TWS-T). Mit dem Standard wird die Einhaltung von Tierwohl bei Tiertransport dokumentiert. Dadurch soll Transparenz geschaffen und eine Verlässlichkeit von Transportdaten hergestellt werden.
Die Initiative Gesundes Kalb, gesunde Kuh – gut versorgt in die Zukunft
wird stetig weiterentwickelt. Sie bietet sowohl Landwirten eine schnelle Orientierung zu den wichtigsten Eckpunkten einer gesunden Milchrinderhaltung und Kälberaufzucht und dient Beratern und Tierärzten als Nachschlagewerk zu Milchviehgesundheitsthemen.
Fachbereich Management | |||
Fachbereichsleiterin (in Elternzeit) | Dr. Maren Pröll-Cornelissen | n.hammer@rind-schwein.de | -21 |
Fachbereichsleiter (kommissarisch) | Dr. Haiko Hofmann | h.hofmann@rind-schwein.de | -41 |
Referentin | Dr. Solveig Haas | s.haas@rind-schwein.de | -28 |
Referent | Klemens Schulz | k.schulz@rind-schwein.de | -42 |
Referent | Dr. Norbert Wirtz | n.wirtz@rind-schwein.de | -57 |
Referent | Dr. Hubert Cramer | h.cramer@rind-schwein.de | -23 |
Referentin | Esther Wurm | e.wurm@rind-schwein.de | -21 |
Assistenz | Michaela Schulz | m.schulz@rind-schwein.de | -40 |