22.04.2016rss_feed

Diskussionsforum: Schweinehaltung im Konflikt

Zu diesem Thema veranstaltete der Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion e.V. (ZDS) am 13.4. 2016 in Berlin ein Diskussionsforum mit rd. 90 Teilnehmern aus verschiedenen Bereichen der Gesellschaft. Die Veranstaltung wurde gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

In seiner Begrüßung machte der ZDS-Vorsitzende, Paul Hegemann, deutlich, worum es geht: um gesellschaftliche und politische Forderungen, die z.T. gegensätzlich sind und die aufgrund anhaltend schlechter Erträge sowie fehlender Planungssicherheit nicht umgesetzt werden können. Beispielhaft nannte er die Forderung nach Außenklima für die Tiere zum einen und Auflagen zur Installation von Luftfiltern und zur Abdeckung von Güllebehältern zum anderen. Neben dem Kostendruck und in Verbindung mit diversen Vorwürfen zur Massentierhaltung führe diese Situation zu einer starken psychischen Belastung der Landwirte und ihrer Familien, bis hin zu Existenzängsten.

6 Referenten beleuchteten die Konflikte der Schweinehalter aus verschiedenen Blickwinkeln.

Dr. Hortmann-Scholten (Vereinigung der Erzeugergemeinschaften) skizzierte in seinem Vortrag den starken Strukturwandel in der Schweinehaltung und zitierte in diesem Zusammenhang aus einer Studie des Göttinger Professors Dr. Ludwig Theuvsen, wonach der gesellschaftliche Wunsch nach mehr Tierwohl den gesellschaftlich unerwünschten Strukturwandel beschleunigt. Er kritisierte die Vernachlässigung ökonomischer Aspekte in der Nachhaltigkeitsdiskussion. Hieraus resultiere eine mangelnde Planungssicherheit und ein Investitionsstau für Modernisierungsmaßnahmen.

Im 2. Referat verdeutlichte Dr. Nienhoff (Geschäftsführer der QS Qualität und Sicherheit GmbH) die freiwilligen Leistungen der Wirtschaft im Rahmen des QS-Programms mit Eigenkontrollen zur Sicherung der gesetzlichen Anforderungen in der Lebensmittelkette.

Pastorin Ricarda Rabe von der ev.luth. Landeskirche Hannover sah eine Vermenschlichung der Tierhaltung und appellierte an alle Beteiligten, einen Dialog mit Respekt zu führen. Nur die persönliche Ansprache könne der Entfremdung von Landwirtschaft und Gesellschaft entgegenwirken.

Bei einer Bewertung der Nachhaltigkeit seien alle 3 Säulen gleichermaßen zu beachten: die Ökonomie genauso wie ökologische und soziale Aspekte. Das gelte auch für die Nachhaltigkeit von Tierschutzmaßnahmen.

Prof. Dr. Isermeyer (v. Thünen-Institut) vertrat die Auffassung, die Kluft zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft sei nur mit einer neuen Nutztierstrategie zu überbrücken, die unter Einbeziehung der wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen erarbeitet werden müsse.

Die Umsetzung sei ein teurer, langfristiger Prozess. Wenn es sich um ein großes, gesellschaftliches Anliegen handele, müsse die Politik Finanzierungsmöglichkeiten erschließen, sei es über Steuern oder über eine Umschichtung der Agrarausgaben von der 1. in die 2. Säule. Auch der Lebensmittel-Handel könne einen Beitrag leisten, z.B. durch Auslistung unerwünschter Haltungssysteme, wie seinerzeit bei Eiern aus Käfighaltung.

Aus Sicht des Lebensmittelhandels – speziell des Unternehmens ALDI-Süd – wies Ralf-Thomas Reichrath darauf hin, dass neben der Produktqualität zunehmend die Prozessqualität an Bedeutung gewinnt. Der LEH sehe die Aufgabe, Kundenwünsche zu erkennen und zu bedienen. Dies geschehe in Abstimmung mit den Zulieferern und unter Berücksichtigung der Machbarkeit.

Werner Schwarz, Schweinehalter und Präsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, beschrieb die Nutztierhaltung als Aufgabe der Landwirte zum Nutzen der Verbraucher und zum eigenen Nutzen (als Erwerbsquelle). Hierfür forderte er faire Rahmenbedingungen mit sozioökonomischer Folgenabschätzung für die Gesetzgebung. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Landwirte genügend Zeit benötigen, um neue Anforderungen als Chance nutzen und erfüllen zu können.

In der anschließenden Diskussion wurde zwar der Bedarf für eine nationale Nutztierstrategie und für eine entsprechende Initiative der Wirtschaft bestätigt, gleichzeitig wurde jedoch die Notwendigkeit für schnelle Antworten gesehen. Beispielhaft wurde die Forderung verschiedener Unternehmen des LEH nach Kastrationsverzicht vor 2019 thematisiert. In diesem Zusammenhang wurde darauf hingewiesen, dass es noch viele ungeklärte Fragen zum Verzicht auf die bisherige Ferkelkastration gebe und insbesondere eine gesamtwirtschaftliche Folgenabschätzung fehle.

Als Ergebnis des Diskussionsforums hielt Paul Hegemann abschließend fest, dass es gelungen sei, die Probleme der Schweinehalter mit ihren gravierenden Auswirkungen auf den Strukturwandel deutlich zu machen und dass die Bereitschaft erkennbar sei, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um die Landwirte nicht mit den Konflikten alleine zu lassen. In diesem Sinne werde sich der ZDS um vertiefende Gespräche mit allen Beteiligten bemühen.