Zuchtwertschätzung

Deutschland besitzt in der Zuchtwertschätzung eine führende Rolle. Dies gilt sowohl für den Gesamtzuchtwert RZG, als auch für die berücksichtigten Merkmale und angewendeten Schätzverfahren. Der Umfang und die Qualität der Daten tragen dazu in besonderer Weise bei. Das unabhängige Rechenzentrum Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w. V. (vit) in Verden schätzt die Zuchtwerte auf genomischer Basis für die gesamte Holsteinzucht nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und unter der Kontrolle staatlicher Aufsichtsbehörden. Die Erfassung der Leistungsdaten erfolgt durch unabhängig arbeitende Organisationen der Milchleistungsprüfung. Nur in einigen Merkmalen unterstützen die Zuchtorganisationen die Datenerfassung. Die Erfassung der Gesundheitsinformationen wird hingegen direkt von KuhVision-Betrieben und Testherden an das vit gesendet.

Insgesamt stehen Züchtern mittlerweile über 50 Einzelzuchtwerte zur Verfügung. Viele dieser Einzelzuchtwerte werden in einen Index zusammengefasst wie z.B. zum RZG oder zum ökonomischen Gesamtzuchtwert RZ€. Sie werden für alle Tiere ausgegeben, die die Anforderungen erfüllen. Etwas spezieller ist der Index RZRobot. Mit diesem Index sind nur Bullen gekennzeichnet, die aufgrund der Merkmalsausprägungen, die sie vererben, gut geeignete Väter für automatisch gemolkene Kühe sind.

 

Zuchtwerte werden für alle wirtschaftlich wichtigen Merkmalskomplexe geschätzt:

 

Die meisten Merkmale werden mit einem BLUP-Tiermodell unter Berücksichtigung aller verwandtschaftlichen Beziehungen für die gesamte Holsteinzucht auf der Basis der im Herdbuch registrierten Tiere (über 50. Millionen) geschätzt.

Mittlerweile findet die genomische Zuchtwertschätzung wöchentlich statt und bietet den Landwirten somit umfangreiche Möglichkeiten für das Herdenmanagement. Zu den Hauptschätzterminen im April, August und Dezember werden alle offiziellen Zuchtwerte aktualisiert

Neuerungen und weitergehende Informationen zur Zuchtwertschätzung finden Sie auch auf der Seite Richtig Züchten.

 

 


Zuchtwerte

Zur Sicherstellung einer vollständigen und überregionalen Vergleichbarkeit der Zuchtwerte von Bullen und Kühen ist das Rechenzentrum vit beauftragt, eine gemeinsame, bundesweite Zuchtwertschätzung für die Rassen Holstein, Rotvieh, Jersey, Rotbunt Doppelnutzung und Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind durchzuführen. Zudem sorgt das vit für eine optimale Datenaufbereitung und Online-Vernetzung aller Organisationen der Holsteinzucht.

 

Sicherheit der Zuchtwerte

Die Berechnung der Sicherheit der Zuchtwerte erfolgt beim Random Regression Modell mit der zum Mehrmerkmalsansatz erweiterten ‚Effective Daughter Contribution’ Methode (Liu et al., 2001a). Diese berücksichtigt nicht nur die Informationsmenge vom zu schätzenden Tier und seiner Verwandten, sondern auch die Anzahl und Verteilung über Vergleichstiere.

 

Basis der Zuchtwerte

Die Basis für den RZ€, die naturalen Milchleistungszuchtwerte (+/-0 kg) und die Relativzuchtwerte (100) bilden alle 4-6 Jahre alten Kühe (für 2022: Kühe geb. 2016–2018). Diese Basis ist für die Relativzuchtwerte auf einen Mittelwert von 100 und eine genetische Streuung von 12 Punkten standardisiert. Die Basis wird jeweils zur April-Zuchtwertschätzung um einen Geburtsjahrgang verschoben.

 

 



Der Gesamtzuchtwert RZG

Die Zusammensetzung des RZG
© BRS

Die Zusammensetzung des RZG

Der Deutsche Holstein Verband hat bereits 1997 einen Gesamtzuchtwert (RZG) definiert, der alle wirtschaftlich bedeutsamen Merkmalskomplexe entsprechend ihrer Gewichtung im Zuchtziel umfasst. Der RZG wird im Abstand von ca. fünf bis zehn Jahren an veränderte wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen angepasst. Die Anpassung des Gesamtzuchtwertes erfolgt in unregelmäßigen Abständen. Seit der April-Zuchtwertschätzung 2021 wird der RZG in einer neuen Zusammensetzung veröffentlicht. Als Neuerung sind nun Gesundheit und Kälberfitness vertreten. Der RZG hat international einen hohen Stellenwert und liegt in seiner Bedeutung dicht hinter dem amerikanischen TPI. Mehr Infos hier.

Die geschätzten Zuchtwerte für die vielen Einzelmerkmale werden zunächst innerhalb von Merkmalskomplexen zu Indizes zusammengefasst. Die bedeutendsten Relativzuchtwerte und Indizes fließen in den RZG ein.

 



Der ökonomische Gesamtzuchtwert RZ€

Die Zusammensetzung des RZ€

Die Zusammensetzung des RZ€

Der RZ€ ist neben dem RZG im August 2020 als neuer Gesamtzuchtwert eingeführt worden. Dieser Index wird im Gegensatz zum RZG jedoch nicht auf einer Relativskala ausgewiesen sondern als Grenzgewinn in Euro. Er gibt als rein ökonomisch abgeleiteter Zuchtwert das geldwerte Potential eines Tieres gegenüber dem Populationsmittel innerhalb einer durchschnittlichen Lebenslänge einer Kuh (entspricht etwa 3 Laktationen) wieder. Die ökonomische Ableitung erfolgte anhand von Betriebszweigauswertungen der Landwirtschaftskammer und wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Ein besonders hohes Gewicht kommt den Komplexen Milchleistung, Nutzungsdauer und Gesundheit zu. Da sich die Grenzkosten/der Grenzgewinn mit der Zeit verändern wird, ist eine periodische Neugewichtung dieses Indexes geplant.



Milchleistung (RZM) und Zellzahl (RZS)

Als erstes wichtiges Holsteinland hat Deutschland schon 1996 für die Milchleistungsmerkmale ein Testtagsmodell eingeführt. Seit 2003 erfolgt die ZWS im vit mit einem Mehrlaktations-Random Regression-Tiermodell (RRM) auf Basis von Testtagsergebnissen (=Kontrolltage).

Aus dem MLP-Datenbestand werden in der Zuchtwertschätzung Einzelkontrollergebnisse der Laktationen 1 bis 3 erbracht ab dem 01.01.2000 berücksichtigt. Die offiziell gültigen Probemelkergebnisse (Plausibilitätsprüfung durch die Milchleistungskontrolle) müssen, um in der Zuchtwertschätzung Berücksichtigung zu finden, folgende Bedingungen erfüllen:

  • Kalbealter: 20 bis 40, 30 bis 56 und 44 bis 75 Monate für die Laktationen 1, 2 und 3
  • Kontrolltag: 5. bis 330. Laktationstag
  • Vollständige Abstammungsinformationen bei Vater, Mutter und Muttersvater

Die Zuchtwertschätzung wird mit einem Random-Regression-Modell durchgeführt, das durch die Verwendung von Kontrolltagsergebnissen (=Probemelken) anstatt von Laktationsleistungen gekennzeichnet ist. So lassen sich Umwelteffekte über den Herdenkontrolltag berücksichtigen und eine Korrelation über das Laktationsstadium vornehmen. Alle Kontrolltagsergebnisse (zwischen dem 5. und 330. Laktationstag) aus einer Laktation werden als wiederholte Beobachtungen eines Merkmals aufgefasst. Der Mehrlaktationsansatz wird beibehalten, d.h. die Laktationen werden als unterschiedliche, genetisch determinierte Merkmale behandelt. Die Einbeziehung der Probegemelke aus den Laktationen 1 bis 3 wird gewählt, um eine möglichst gute Übereinstimmung mit dem Zuchtziel einer langlebigen Dauerleistungskuh zu gewährleisten.

 

Relativzuchtwert Milch (RZM)

Der RZM setzt sich als Selektionsindex aus den Einzelzuchtwerten für Fettmenge (in kg) und Eiweißmenge (in kg) in rassespezifischer Gewichtung zusammen. Dabei wird ein marktangepasstes Verhältnis von 1:2 für Fett- zu Eiweißmenge verfolgt. Eine direkte Berücksichtigung der Milchmenge erfolgt nicht. Indirekt ist sie jedoch über die Fett- und Eiweißmenge beeinflusst.

 

Somatischer Zellgehalt (RZS)

In Deutschland wird bei jeder Milchleistungsprüfung auch der somatische Zellgehalt ermittelt und für die Zuchtwertschätzung in die logarithmierte Zellzahl (SCS) umgerechnet. Eine erhöhte Zellzahl als Ausdruck akuter und chronischer Mastitis tritt in höheren Laktationen häufiger und mit einer größeren genetischen Variation zwischen Tieren auf. Deshalb erhalten die Werte aus der 2. und 3. Laktation mit jeweils 37% ein höheres Gewicht als die Zuchtwerte aus der ersten Laktation (26%). Die Skala des Relativzuchtwertes Somatischer Zellgehalt (RZS) ist so gewählt, dass Tiere, die eine züchterisch unerwünschte, hohe Zellzahl vererben, Zuchtwerte unter 100 erhalten.

Mittlerweile steht mit dem RZEuterfit zusätzlich ein direkter Zuchtwert zur Verbesserung der Eutergesundheit zur Verfügung.



Funktionale Nutzungsdauer (RZN)

Auf die ältesten Kühe im Stall sind Landwirte besonders stolz (Foto: D. Warder)
© Dorothee Warder

Auf die ältesten Kühe im Stall sind Landwirte besonders stolz (Foto: D. Warder)

Das Merkmal Nutzungsdauer beschreibt indirekt die Gesundheit und Konstitution einer Kuh. Aufgrund der hohen Bedeutung einer langen Nutzungsdauer für die Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion hat sie mit 20% die zweithöchste Gewichtung im Gesamtzuchtwert. Das vit führt bereits seit 1996 eine Zuchtwertschätzung für die Nutzungsdauer durch.

Bei der Nutzungsdauer sollte zwischen einem freiwilligen und einem unfreiwilligen Abgang des Tieres unterschieden werden. Unfreiwillige Abgänge sind solche, die z.B. aufgrund mangelnder Fitness der Tiere notwendig sind. Freiwillige Abgänge sind häufig stark durch die Milchleistung der Kühe beeinflusst. Damit die bessere Behandlung hoch leistender Tiere (z.B. mehr Besamungsversuche, intensivere/längere Behandlung bei Krankheit) nicht zu einer Verzerrung der Nutzungsdauerzuchtwerte führt, ist das Merkmal als funktionale Nutzungsdauer definiert. Das heißt, es erfolgt eine Korrektur für die unterschiedliche Behandlung anhand der Leistungsüber- bzw. -unterlegenheit innerhalb der Herde.

Bis 2018 wurde zur Schätzung von Nutzungsdauerzuchtwerten eine Lebensdaueranalyse verwendet. Der Nachteil an dieser Methode waren relativ niedrige Sicherheiten, die aber unter Zuhilfenahme von Hilfsmerkmalen (z.B. Zellzahl, ausgewählte Exterieurmerkmale) verbessert werden konnten. Seit April 2018 wird eine neue Methode verwendet, die keine Hilfsmerkmale mehr erfordert. In dieser Methode wird das Überleben (ja/nein) in je drei Laktationsabschnitten der ersten drei Laktationen betrachtet. Diese neun Lebensabschnitte sind basierend auf der Verteilung häufiger Abgangsgründe eingeteilt worden, da je nach Abschnitt andere Ursachen einen Abgang der Tiere begründen. Aufgrund hoher genetischer Korrelationen zu höheren Laktationen werden nur für die ersten drei Laktationen Zuchtwerte geschätzt. Der deutlich erhöhte Rechenaufwand für eine höhere Laktationszahl ginge nur mit einem kleinen Zugewinn an Sicherheit einher. Die neun einzelnen Heritabilitäten ergeben eine kumulierte Heritabilität von 9%. Die 9 Teilzuchtwerte werden zu einem Zuchtwert RZN zusammengefügt. Insgesamt schätzt dieses Modell die Nutzungsdauer besser voraus.



Exterieur (RZE)

Die Daten für die Exterieur-Zuchtwertschätzung basieren auf der linearen Beschreibung und Bewertung von Kühen und Vergleichstieren in der ersten Laktation. Betrachtet werden dabei 19 Merkmale auf einer Skala von 1 bis 9. Die Nachzuchttöchter und Vergleichstiere werden zufällig und unabhängig vom Rechenzentrum vit ausgewählt. In Herdentypisierungs- und Testherden werden soweit möglich alle erstlaktierenden Kühe linear beschrieben. Von ca. 4,6 Mio. Kühen wurden in 2021 etwa 2,6 Mio. linear beschriebene Schwarz- und Rotbunte Kühe in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt. Auch hier gelten die Mindestanforderungen an die Datenqualität (Vater, Mutter und Muttersvater müssen bekannt sein).

Die Zuchtwertschätzung für die 19 Linearmerkmale wird als Mehrmerkmalsmodell innerhalb der vier Merkmalskomplexe Milchtyp, Körper, Fundament und Euter durchgeführt. So können die genetischen Beziehungen zwischen den Merkmalen als zusätzliche Informationsquelle genutzt werden und die Sicherheit der Zuchtwerte für die Einzelmerkmale steigt. Der Relativzuchtwert Exterieur (RZE) resultiert aus der Kombination der vier Teilzuchtwerte für Milchtyp, Körper, Fundament und Euter im Verhältnis von 10 : 20 : 30 : 40 und unter Berücksichtigung der korrelierten Informationen.


Die Zusammensetzung des RZE
© BRS

Die Zusammensetzung des RZE


Gesundheit (RZGesund)

Die Zusammensetzung des RZGesund

Die Zusammensetzung des RZGesund

Durch die seit April 2019 veröffentlichten Gesundheitszuchtwerte wird eine gezielte Zucht auf eine bessere Tiergesundheit und Krankheitsresistenz möglich.

Die Daten stammen aus Aufzeichnungen der Betriebe (Tierarzt, Klauenpfleger, Landwirt, Mitarbeiter) zur Tiergesundheit und werden in einem großangelegten Projekt in Deutschland, Luxemburg und Österreich erfasst. Auch bei HI-Tier gemeldete geburtsnahe Beobachtungen (Mastitis, Nachgeburtsverhaltung, Gebärparese und Lahmheit) werden in den Auswertungen berücksichtigt. Für eine gute und plausible Datenqualität müssen in einzelnen Merkmalskomplexen Mindesthäufigkeiten auf Betriebsebene erreicht werden. Um eine Einheitlichkeit der Daten zu realisieren werden sie mittels eines Standarddiagnoseschlüssels (nach ADR-Empfehlung) erfasst. Zur April-Zuchtwertschätzung 2021 lagen Informationen von fast 0,8 Mio. Kühen vor.

Zusätzlich werden als Hilfsmerkmale die Abgangsmeldungen von Kühen aus der Milchleistungsprüfung genutzt. Die Abgänge aufgrund von Euterkrankheiten, Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen, Unfruchtbarkeit und Stoffwechselkrankheit bieten für die Steigerung der Genauigkeiten und Sicherheiten der einzelnen Gesundheitszuchtwerte eine wertvolle Zusatzinformation.

Veröffentlicht werden Zuchtwerte für Eutergesundheit (RZEuterfit), Klauengesundheit (RZKlaue), Gesundheit des Reproduktionstraktes (RZRepro), Stoffwechselgesundheit (RZMetabol), Kälberfitness (RZKälberfit) und Dermatitis Digitalis (DDcontrol, beschreibt die Resistenz gegen die Mortellaro'sche Erkrankung). Der RZGesund fasst die ersten vier genannten Zuchtwerte zu einem Index zusammen und kann somit zur Vorauswahl herangezogen werden.



Töchterfruchtbarkeit (RZR)

Die Schätzung von Zuchtwerten für die Reproduktionsmerkmale hat in Deutschland eine lange Tradition.

Die Zuchtwertschätzung für Fruchtbarkeit basiert auf den Daten aller Besamungen und Bedeckungen. Umfang und Vollständigkeit dieser Datengrundlage sind international einmalig. In einem Mehrmerkmalsmodell werden für fünf verschiedene Merkmale der weiblichen Fruchtbarkeit aus den Komplexen Zyklusbeginn und Konzeption Zuchtwerte geschätzt. Die vier Zuchtwerte aus dem Komplex Konzeption (Non-Return-Rate-56 und Verzögerungszeit jeweils für Jungrinder und Kühe) werden zum Relativzuchtwert Konzeption zusammengefasst. Zusammen mit der Rastzeit (RZ) als Merkmal für den Zyklusbeginn bilden sie den Relativzuchtwert Töchterfruchtbarkeit RZR (R = Reproduktion) mit einer relativen Gewichtung von 90% Konzeptionsmerkmale zu 10% Rastzeit.



Kalbemerkmale (RZKm und RZKd)

Eine problemlose Kalbung ist wichtig für Kuh und Kalb (Foto: D. Warder)
© Dorothee Warder

Eine problemlose Kalbung ist wichtig für Kuh und Kalb (Foto: D. Warder)

Die Datengrundlage für die Kalbe-Zuchtwerte bilden die bei der Geburtsmeldung gemachten Angaben zum Kalbeverlauf und zum Überleben des Kalbes in den ersten 48 Stunden. Der Kalbeverlauf wird subjektiv in vier Stufen (von leicht bis tierärztliche Hilfe/OP) durch den Landwirt erfasst.

Als wichtiger Bestandteil der Kalbemerkmale fließen Totgeburten in die Zuchtwerte ein. Neben den tot geborenen Kälbern zählen auch Kälber zu den Totgeburten, die innerhalb der ersten 48 Stunden verenden. Das Merkmal Totgeburten ist nur teilweise mit dem Kalbverlauf als solches verknüpft und muss daher als separates Merkmal betrachtet werden.

Die Information zum Kalbeverlauf bildet den zweiten Teilzuchtwert des Kalbe-Indexes (RZK). Da die Varianz in diesem Merkmal kleiner ist als in dem Merkmal Totgeburten, erhält dieser Teilzuchtwert insgesamt im Kalbe-Index ein kleineres Gewicht.

Für die Kalbeeigenschaften werden sowohl der Einfluss des Kalbes (direkt) z. B. durch Körperform und Größe als auch der Einfluss der Kuh (maternal) z.B. durch Größe und Form des Beckens geschätzt. Die gleichzeitige Berücksichtigung beider Zuchtwerte (RZKm und RZKd) in der Selektion ist wichtig, weil sie genetisch negativ korrelieren.

Da Kalbeprobleme vorwiegend zur ersten Kalbung auftreten und die Selektion der Bullen nach Kalbeverlauf in erster Linie bei der Anpaarung mit Rindern entscheidend ist, wird der Zuchtwert für Erstkalbungen ausgegeben und erhält durch die Berücksichtigung der Korrelationen zu höheren Laktationen seine hohen Sicherheiten.



Kälbervitalität (RZKälberfit)

Der RZKälberfit beschreibt die genetisch bedingte Fähigkeit die Aufzuchtperiode von Tag 2 bis zum Alter von 15 Monaten zu überleben. Wie bei der Nutzungsdauer der Kühe, sind auch für die Verluste bei Jungtieren in den verschiedenen Altersabschnitten unterschiedliche Krankheiten ursächlich. Daher werden im Schätzmodell fünf verschiedene Altersabschnitte berücksichtigt (Tag 3-14, 15-60, 61-120, 121-200, 201-458). Die Erblichkeit ist mit knapp 2 % nicht besonders hoch, aber die genetische Streuung ist mit ±3 % Verlusten erheblich. Die Datengrundlage ist umfassend und damit die Sicherheit gut.

Datengrundlage sind die HIT-Abgänge wegen Verendung bzw. Tötung für weibliche Jungtiere geboren seit 2006. Insgesamt sind ca. 11 Millionen weibliche Kälber in der Zuchtwertschätzung. Männliche Kälber werden in der Zuchtwertschätzung nicht verwendet, da diese i.d.R. den Geburts-Betrieb mit gut 14 Tagen verlassen. Der Zuchtwert RZKälberfit wird auf der üblichen Relativ-Skala mit 100 als Mittelwert und genetischer Streuung 12 ausgedrückt. Hohe Werte bedeuten dabei weniger Kälberverluste. Der Mittelwert 100 entspricht etwa 93 % bis 15 Mo. überlebter Tiere, wobei 60% der Jungtierverluste in den ersten beiden Altersabschnitten bis 60 Tage auftreten.

Dr. Stefan Rensing, vit



Weitere Zuchtwerte

Zusätzlich zu den dargestellten Zuchtwerten werden Zuchtwerte für Melkbarkeit, Melkverhalten und Körperkondition geschätzt. Die Daten für Melkbarkeit (RZD) stammen aus Milchflussmessungen in Form des durchschnittlichen Minutengemelks. Das Melkverhalten während des Melkens (MVH) und die Körperkondition (BCS=Body Condition Score) werden im Rahmen der Besitzerbefragung bzw. während der linearen Nachzuchtbewertung erfasst.



Melkrobotereignung (RZRobot)

Milchviehhalter, die mit einem Automatischen Melksystem (AMS) melken, bevorzugen Kühe mit guten Eutereigenschaften in Form, Strichlänge und Strichplatzierung. Auch Melkbarkeit, Melkverhalten, Zellzahl und Mobilität der Kühe spielen eine sehr wichtige Rolle für die Effizienz des AMS.

Mit dem RZRobot steht Betriebsleitern eines AMS-Betriebes ein sinnvolles Instrument zur Bullenauswahl zur Verfügung. Der RZRobot fasst die Merkmale, die bei der Bullenauswahl vieler AMS-Betriebe eine große Bedeutung haben, zu einem Index zusammen und gewichtet die Merkmale sinnvoll. Für die Merkmale Melkbarkeit, Strichplatzierung hinten und Strichlänge wurden Ausschlusskriterien definiert. Erreicht ein Bulle in diesen Merkmalen nicht die Mindestanforderungen, ist er nicht für den Einsatz in AMS-Betrieben geeignet, und es wird kein RZRobot ausgewiesen.

 


Merkmal relatives Gewicht Mindestanforderung
Melkbarkeit (RZD) 20 % ≥ 94
Zellzahl (RZS) 15 %
Fundament 15 %
Strichplatzierung hinten (negativ gewichtet) 20 % ≤ 106
Strichlänge 20 % ≥ 94
Euter 10 %
RZRobot 100 % ≥ 100

 

 

Weitere Informationen zur Zuchtwertschätzung und den Zuchtwerten finden Sie in der Beschreibung der Zuchtwertschätzung vom vit.