22.03.2022rss_feed

Professionelle Betriebsentwicklung: mit oder ohne Unterstützung?

Die Tierhaltung in Deutschland steht vor einem Umbruch. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine kommt es zu Marktverwerfungen. Produktionsmittel verteuern sich und die Markterlöse reichen nicht, um die Kosten der Landwirte zu decken. Gleichzeitig nehmen die gesellschaftlichen Erwartungen zu. Eine Situation, die landwirtschaftliche Familien belastet und schon viele Betriebe in den letzten Jahren zum Aufgeben veranlasst hat. Diese Entscheidung machen sich die Betriebsleiter nicht leicht.

Negative Folgen für die Psyche und den Familienfrieden sind häufig. Landwirte und ihre Famlien leiden still. Häufig werden ungewohnte Unternehmensentscheidungen von den Familien selber als Schwäche und Hilflosigkeit interpretiert über die man in Öffentlichkeit nicht spricht. Soweit muss es nicht kommen, wenn man sich im Vorfeld neutrale und fachliche Unterstützung holt.


Landwirtschaftliche Betriebe sind etwas Besonderes

Es ist in der Wirtschaft völlig normal, dass sich ein Unternehmensgeschäftsführer externe Hilfen holt, wenn es um wichtige Betriebsentscheidungen handelt, die weitreichende Folgen für die Zukunft haben. Hierfür gibt es Experten, die das Unternehmen und Märkte analysieren sowie Chancen kalkulieren. Auf landwirtschaftlichen Betrieben sieht die Situation etwas anders aus. Der Betrieb befindet sich in x-ter Generation in der Familie, wurde vielleicht schon an den Hofnachfolger übergeben oder soll gesund für die nächste Generation entwickelt werden. Die Familie ist auf das Einkommen ebenso angewiesen, wie vielleicht Altenteiler, die u.U. noch mit in der Familie leben und eigene Vorstellungen haben.

In diesem Umfeld die richtige Entscheidung zu treffen, ist schwierig und kann nur gemeinsam in der Familie getroffen werden. Allerdings klappt das meist nur, wenn solche Zukunftsgespräche neutral moderiert werden - mit Fingerspitzengefühl, empathisch, aber der professionellen Distanz. Am besten durch Experten, die aus der Branche kommen, aber keine persönlichen Vorteile vom Ausgang der Unternehmensaufstellung haben. Warum nicht auf Senior-Professionals mit viel Erfahrung zurückgreifen? Der Bundesverband Rind und Schwein hat hierzu ein Interview mit dem langjährigen Geschäftsführer des Geschäftsverbundes der VzF GmbH, Herrn Dr. Conrad Welp, geführt und um eine Einschätzung gebeten.


Dr. Welp, als langjähriger Geschäftsführer eines Unternehmensverbundes aus Zucht, Besamung, Beratung und Vermarktung, kennen die Schweinefleischerzeugung von der Besamung bis ins Regal. Sie wissen, wie der Markt und die Betriebe ticken. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation für die Schweinehalter ein?

Die Betriebe haben in den letzten Jahrzehnten sehr gute Arbeit geleistet. Hinsichtlich Know-How und Effizienz ist enorm viel erreicht worden. Steigende gesetzliche Anforderungen über EU-Niveau haben aber in den letzten Jahren die Produktionskosten ansteigen lassen. Bisher konnten wir diese über Leistungssteigerungen und Betriebswachstum abfedern. Durch Corona und ASP sowie die hohen Energiekosten sind die Erlöse auf ein historisch niedriges Niveau gesunken und die Kosten gestiegen. Darüber kann auch der aktuelle Preisanstieg nicht hinwegtäuschen. Im Ergebnis finden wir eine katastrophale finanzielle Lage auf den Betrieben vor. Die Landwirte haben die Nase voll. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.

Ein Mehr an Tierwohl ist vielfach mit Neu - oder Umbauten verbunden. Dabei bestehen unüberwindbare gesetzliche Hindernisse bezüglich Bau - und Umweltrecht sowie bürokratische Hemmnisse. Branchenlösungen sind immer nur dann gut, wenn eine Vielzahl von Beteiligten die Vorgaben auch erfüllen können.

Ein weiter so wird es allerdings nicht geben, zumal die gesellschaftliche Akzeptanz für wachsende Betriebe sinkt. Wir stehen an einer Wende, wo nicht mehr höher, schneller, weiter, sondern effizienter, smarter, ressourcenschonender unser Handeln bestimmen wird.

Wir laufen Gefahr, dass aufgrund der derzeitigen miserablen Situation möglicherweise zu viele Betriebe das Handtuch werfen. Das macht mir große Sorgen. Jeder aufgebende Betrieb ist unwiderruflich verloren. Aus einem Strukturwandel ist ein Strukturbruch geworden mit allen negativen Auswirkungen wie z.B. die Zunahme der Auslandsabhängigkeit, die Schwächung oder Unterbrechung von Wertschöpfungsketten sowie der Verlust von Innovationskraft in den Veredelungsregionen. Auch die ländlichen Räume verlieren an Attraktivität und Wirtschaftskraft.


Wo sehen Sie das besondere Potenzial für schweinehaltende Betriebe?

Die überall spürbare Existenzangst verändert die Verhaltensmuster der Menschen. Das, was die Branche immer ausgezeichnet hat, waren Mut, aktive Zukunftsgestaltung und Annahme von Wettbewerb und freiem Markt. Nun treten Perspektivlosigkeit, Demotivation, Einschränkungen durch Seuchen, Medien, NGOs, Markt und Politik in den Betrachtungs - und Handlungsfokus.

Diese Situation führt zu extremen Belastungssituationen und Stress in den Familien.

Hier muss Hilfestellung gegeben werden. Ich bin immer wieder erstaunt, dass die Inanspruchnahme externer unabhängiger Beratung nach wie vor weitgehend ein Tabuthema ist. So wie Unternehmen im Allgemeinen bei Neuausrichtung oder grundlegenden Veränderungen außenstehende Beratung als selbstverständlich zu Rate ziehen, sollten auch landwirtschaftliche Betriebe solche Dienstleistungen nutzen, um die eigenen Gedankenkreise aufzulösen und zu erweitern. Rat suchen, ist eine unternehmerische Stärke, keine Schwäche.

Vor allem für die junge und sehr gut ausgebildete Generation stellt sich daher die Frage, wie es auf den Höfen weitergehen kann. Auch wenn von Branchenlösungen gesprochen wird, muss jede Familie für sich die notwendigen unternehmerischen Entscheidungen treffen. Da fast jeder Betrieb den Charakter eines Unikates hat, sind einzelbetriebliche Analysen zu erarbeiten, die unter anderem den Betrieb im Netzwerk bestehender Strukturen darstellt. So kommen sehr schnell 15-20 Unternehmen oder Organisationen zusammen, mit denen in irgendeiner Form zusammengearbeitet wird. Das Spektrum erstreckt sich von Genetik und Futtermittelfirmen über Banken und Versicherungen bis hin zu Beratungs -,Vermarktungsunternehmen und Behörden.

Für mich ist die Netzwerkbeweglichkeit von erheblicher Bedeutung. Damit meine ich den Grad der Abhängigkeit oder Unabhängigkeit des Betriebes von den Akteuren, mit denen zusammengearbeitet wird.

Die Netzwerkbeweglichkeit gibt Aufschluss über die unternehmerische Flexibilität des Betriebes. So können hohe Abhängigkeiten notwendige Innovationskräfte hemmen.

Daneben spielen persönliche Interessen und Neigungen, die örtliche Lage, Infrastruktur usw. eine Rolle. Potenziale müssen akribisch mit der Familie erarbeitet und sichtbar gemacht werden. Pauschale Lösungen gibt es nicht.

Potenziale können liegen

  • in der Einbindung in Programmen mit Regionalitätsbezug wie z.B. besondere Genetik kombiniert mit bestimmter Haltungsstufe
  • in der Diversifizierung durch Aufbau weiterer Standbeine zur Risikominderung
  • in der Vertiefung der Wertschöpfung durch Hofläden oder Direktvermarktung
  • in der alternativen Nutzung von Ställen oder Scheunen bei entsprechendem Umfeld
  • in der Aufnahme von Feriengästen
  • usw., usw.

Ich bin der Meinung, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, wenn man über den betrieblichen Horizont schaut und bereit ist, gewohnte Pfade zu verlassen. So können auch disruptive Geschäftsideen entwickelt werden, die zunächst klein starten und ausprobiert werden? Hier kommt der Digitalisierung im Stall eine zunehmende Bedeutung zu, um das Verhältnis Mensch - Tier – Umwelt effizient, smart und ressourcenschonend zu optimieren und den Betrieb hierbei zu entlasten und zu unterstützen. Der Gesellschaft müsste das gut vermittelbar sein.


Dr. Welp, welche Risiken sehen Sie für die Branche?

Viele Risiken lassen sich beschreiben und bewerten. Das machen die Betriebsleiter/innen in der Praxis täglich. Ein Problem sind Spannungsfelder wie Tierwohl vs. billige Nahrungsmittel, Energiewende vs. Energieabhängigkeit, Bürokratiewahn vs. Pragmatismus, die im Grunde nur von der Politik bzw. dem Gesetzgeber gelöst werden können.

Eine völlig neue Risiko - Dimension wirft der vom russischen Präsidenten Putin angezettelte, unsinnige Krieg gegen die Ukraine auf. Die Folgen insgesamt sind nicht absehbar. Deutlich steigende Energiekosten bei Gas, Öl, Benzin und Diesel sind bereits zu spüren und auch die Lebensmittel werden teurer. Es droht eine weltweite Verknappung von Rohstoffen in technischen und ernährungswirtschaftlichen Bereichen. Der Kampf um Nahrungsressourcen wird dann auch die Frage nach dem Einsatz von Getreide aufwerfen und Diskussionen Trog oder Teller anheizen. Die Lage ist derzeit noch nicht zu überblicken.


Dr. Welp, wie können wir die Betriebe jetzt unterstützen?

Sicherlich haben sich bereits zahlreiche Betriebe entschieden, wie es für sie weitergehen könnte. Viele aber auch nicht. Sie stecken in der Zwickmühle, Entscheidungen treffen zu müssen, wissen aber nicht, auf welcher Grundlage dieses geschehen soll. Ich halte es für dringend geboten, dass auf den Höfen individuelle Gespräche geführt werden über die Zukunft des Betriebes. Wie gesagt, es geht nicht nur um die Hebung von Potenzialen, sondern auch um grundsätzliche Fragen:

  • Soll der Betrieb weitergeführt werden?
  • Wie soll er weitergeführt werden?
  • Welche menschlichen und sozialen Probleme ergeben sich mit welchen Folgen?
  • Was kann bei anstehendem Generationswechsel den Nachfolgern und Lebenspartnern zugemutet werden?
  • Wenn ja, in welchen Bereichen soll investiert werden? Was ist dazu nötig, sinnvoll und machbar?
  • Wenn nein, wie soll der Betrieb auslaufen?
  • Wo sind Einkommensquellen außerhalb der Landwirtschaft?

Sie bieten selber strukturierte Gesprächsplattformen an. Was ist daran besonders?

Unter dem Motto – Moderieren – Modellieren – Transformieren – bieten wir strukturierte Gesprächsplattformen an.

In unserem Team, das aus drei Personen besteht, bündeln wir Branchenkenntnis, Fach - und Methodenkompetenz.

Meine beiden Kollegen sind Profis in den Bereichen Coaching, Personal - und Unternehmensentwicklung in Familienbetrieben. Ich selbst war mehr als 35 Jahre Geschäftsführer und bringe somit langjährige und vielfältige Berufserfahrungen mit landwirtschaftlichen Betrieben und Organisationen aus Zucht, Besamung, Beratung, Vermarktung sowie deren Berufsverbände und Interessenvertretungen ein, eingeschlossen der vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereiche.

Wir sind unabhängig und nicht in betriebliche Beratungs, - oder Vermarktungsstrukturen verwoben. Auch bestehen keine Abhängigkeitsverhältnisse mit Marktpartnern. Wir machen keine Produktionsberatung und stehen nicht im Wettbewerb zu den klassischen Beratungsorganisationen.

Wie gehen strukturiert und methodisch vor:

  • Im 1. Schritt müssen sich alle an der Zukunft des Betriebes beteiligten Familienmitglieder an einen Tisch setzen, um eine gemeinsame und strukturierte Diskussion, die durch mich moderiert wird, über alle anstehenden Fragen zu führen.
  • Die Erfahrung zeigt, dass gerade zu Anfang ein hohes Maß an Sensibilität vonnöten ist, um Vertrauen zwischen den Beteiligten zu schaffen. Dazu gehört auch, dass sich die Beteiligten zu Offenheit und Sachlichkeit verpflichten. Unterschiedliche Sichtweisen und Interessenslagen z.B. zwischen den Generationen schüren oft Emotionen, die einen objektiven Blick auf die Probleme verhindern. Sie können aber auch eine Chance darstellen. Verhärtete Standpunkte müssen gelöst werden, damit der familiäre Zusammenhalt keinen Schaden nimmt und das Familienunternehmen Perspektiven für die Zukunft entwickeln kann. Wir müssen die Menschen abholen, mitnehmen, überzeugen und in die zukünftige Betriebsstrategie einbeziehen und nicht am Wegrand stehen lassen.
  • Aus den Ergebnissen dieser Diskussionen kann im 2. Schritt eine für alle tragfähige Betriebszukunft modelliert werden. Es werden u.a. betriebliche Szenarien und Gestaltungsoptionen erarbeitet und einer Chancen - Risiken - Analyse unterzogen.
  • Im 3. Schritt folgen die Unternehmensentscheidungen mit den dazu gehörenden Transformationsprozessen. Hierzu können weitere Fachdisziplinen über den Betrieb oder über uns einbezogen werden.

Ich bin der Meinung, dass wir über dieses gebündelte Dienstleistungspaket aus einer Hand vielen Betrieben Hilfestellung und Orientierung in dieser schwierigen Zeit geben können.


Dr. Welp, wir bedanken uns für das Gespräch.

Bei Interesse können Sie Herrn Dr. Welp über dieses Kontaktformular anschreiben

 
 
 
 
 
 
 

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