Neue Zuchtwerte zur Hauptveröffentlichung im April für die Rasse Holstein
Die deutschen Zuchtorganisationen und das Rechenzentrum vit arbeiten kontinuierlich an einer Verbesserung des Zuchtwertangebotes für die Rasse Holstein. Mit dem RZPersistenz und den neuen Exterieurmerkmalen Rippenstruktur, Euterbalance und Vorderbeinstellung stehen ab April insgesamt vier neue Zuchtwerte zur Verfügung.
RZPersistenz
Der neue Zuchtwert RZPersistenz beschreibt das Durchhaltevermögen in der Milchleistung abgeleitet aus der Fett- und Eiweißmenge nach der Hochlaktation. Basierend auf den individuellen Laktationskurven für die Milchinhaltstoffe (bis 305 Tage) aus der Zuchtwertschätzung wird eine bestmögliche Vorhersage des Laktationsverlaufs darüber hinaus vorgenommen (z.B. bis 400 Melktage). Das Ziel ist eine ökonomisch basierte Persistenz, weshalb die Persistenz für Eiweißmenge wie im RZM doppelt so hoch gewichtet wird wie die Fettmenge.
Der RZPersistenz hat leicht positive Korrelationen zum RZM (0,24) und RZN (0,18). Dadurch hat es auch in der Vergangenheit über die indirekte Selektion bereits einen positiven genetischen Trend für Persistenz gegeben und die Topbullen nach RZG und RZ€ haben im Durchschnitt Zuchtwerte für RZPeristenz von über 100. Dennoch zeigt sich bei einem Vergleich der RZPersistenz-Zuchtwerte, dass bei zwei Bullen mit ähnlichen Milchleistungszuchtwerten die Persistenz der Nachkommen sehr unterschiedlich sein kann. Im ersten Teil der Laktation verlaufen die Laktationskurven unterschiedlich persistenter Töchter häufig ähnlich, bevor sie sich im zweiten Drittel zunehmend voneinander entfernen. Besonders deutlich werden die Unterschiede jedoch nach dem 305. Laktationstag. Die Unterschiede sind bei Mehrkalbskühen stärker ausgeprägt als bei Färsen. Letztere weisen generell eine bessere Persistenz auf.
Zum besseren Verständnis des neuen Zuchtwertes hat das vit ein kurzes Video erstellt. Weitere Informationen stehen unter www.richtig-zuechten.de zur Verfügung.
Rippenstruktur
Das Merkmal Rippenstruktur ersetzt zukünftig das Merkmal Milchcharakter. Auf internationaler Ebene ist dieses Merkmal bereits Standard und unter dem Namen Angularity (jetzt Rib structure) bekannt. Rippenstruktur beschreibt die Wölbung und die Schrägheit der Rippen und unterscheidet sich somit deutlich von der Definition für Milchcharakter, welches die Schärfe im Widerrist beschrieben hat. Aufgrund dessen können die Zuchtwerte in den beiden Merkmalen bei einigen Bullen auch bis zu 30 Relativpunkte weit auseinander liegen.
Die Erblichkeit des neuen Merkmals liegt mit 0,11 niedriger als für Milchcharakter. Milchcharakter war jedoch mit wichtigen funktionalen Merkmalen wie z.B. Nutzungsdauer und Fruchtbarkeit negativ korreliert und daher eher problematisch mit Blick auf die Zucht einer gesunden, langlebigen Kuh. Das neue Merkmal hat neutrale Korrelationen zu funktionalen Merkmalen und analog zu Milchcharakter eine leicht positive Korrelation zum RZM. Es wird Milchcharakter auch im Milchtyp und im RZE ablösen.
Euterbalance und Vorderbeinstellung
Ein Merkmal, das wohl insbesondere für Roboterbetriebe interessant sein dürfte, ist Euterbalance. Dieses neue Merkmal beschreibt den Unterschied in der Höhe von Vorder- zu Hintereuter. Ein hoher Zuchtwert für Euterbalance beschreibt vorne tiefer hängende Euter, während niedrigere Zuchtwerte tiefer hängende Hinterviertel darstellen. Gut melkbar ist in allen Melksystemen ein ebener Euterboden (Zuchtwerte um 100). Hängt jedoch das Vordereuter tiefer, verdeckt es das Hintereuter und verursacht so – gerade bei automatischen Melksystemen die von vorne ansetzen - Probleme. Die Erblichkeit liegt gegenüber den anderen Eutermerkmalen etwas niedriger bei 0,11. Perspektivisch wird dieses Merkmal bei der Überarbeitung des RZRobot berücksichtigt werden.
Das dritte neue Exterieurmerkmal beschreibt analog zur Hinterbeinstellung die Ausrichtung der vorderen Klauen und Beine und ist, wie auch Euterbalance, bereits seit Jahren bei extremer Ausprägung ein erfasster Mangel. Angestrebt werden idealerweise parallel gestellte Klauen. Nach außen orientierte Klauen werden seit geraumer Zeit vermehrt auf den Betrieben beobachtet. Genetisch ist das neue Merkmal nicht oder nur leicht mit anderen Fundamentmerkmalen korreliert. Die für ein Fundamentmerkmal gute Erblichkeit von 0,09 ermöglicht nun eine züchterische Bearbeitung der Vorderbeinstellung.
Sowohl Euterbalance als auch Vorderbeinstellung fließen vorerst nicht in den RZE und die jeweiligen Komplexe Euter und Fundament ein.