22.03.2023rss_feed

Bedeutung tierischer Lebensmittel zur Vermeidung von Nährstoffdefiziten

Auszugsweise übersetzt aus dem Englischen:


"Eine gute Ernährung ist von grundlegender Bedeutung für die menschliche Gesundheit. Schätzungsweise jeder fünfte Todesfall bei Erwachsenen wird weltweit auf eine suboptimale Ernährung zurückgeführt. Der rapide Anstieg von Fettleibigkeit und Stoffwechselkrankheiten wie Herzkrankheiten, Krebs und Diabetes ist zum Teil auf eine weltweite Ernährungsumstellung mit großen Mengen an ultraverarbeiteten, kalorienreichen, aber nährstoffarmen Lebensmitteln zurückzuführen; viele von ihnen wurden neu formuliert, um Alternativen zu Grundnahrungsmitteln zu schaffen, z. B. aromatisierter Reis und Mischgerichte wie Tiefkühlpizza und Burritos.


Versuche, die Qualität der Ernährung weltweit zu verbessern, beruhen traditionell auf reduktionistischen Ernährungsempfehlungen, die sich auf das Vorhandensein oder Fehlen einzelner Nährstoffe konzentrieren. Vor diesem Hintergrund haben Kennzeichnungssysteme wie eine Nährwertampel Grenzen. Fortschrittlichere Ernährungsempfehlungen berücksichtigen mittlerweile nicht nur die chemischen und physikalischen Bestandteile von Lebensmitteln, sondern auch ihre molekularen Inhaltsstoffe und deren Wechselwirkungen. Sie haben Auswirkungen darauf, wie ein Lebensmittel verdaut und verstoffwechselt wird. Deutlich wird dies z.B. bei Vollmilchprodukten, die einen Komplex aus Makronährstoffen, Mikronährstoffen und anderen bioaktiven Komponenten darstellen.

Die Auswirkungen einzelner Milchprodukte wie Milch, Käse oder Joghurt auf die menschliche Gesundheit lassen sich nicht allein anhand ihres Gehalts an gesättigten Fetten und/oder Natrium vorhersagen. So wurde beispielsweise in einer Studie zur Bewertung der Nahrungsaufnahme von abgepacktem Graviera-Käse und zur Nährwertcharakterisierung unter Verwendung des europäischen Nutri-Score-Kennzeichnungsschemas in Griechenland festgestellt, dass Graviera-Käse zwar eine wertvolle Nährstoffquelle in der griechischen Ernährung darstellt, aber nach dem Nutri-Score als weniger gesund eingestuft wird, weil er negative Nährstoffe wie gesättigte Fette und Natrium enthält. Die Einstufung als weniger gesund stand jedoch im Widerspruch zu den griechischen Ernährungsrichtlinien, die den täglichen Verzehr von Milchprodukten als Grundnahrungsmittel fordern. Diät-Limonade erhielt dagegen eine höhere Nutri-Score-Gesundheitsbewertung als Käse, da sie keine Kalorien, gesättigten Fette oder Zucker enthält.

Weitere Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Konzentration auf die Vermeidung von Nährstoffen zu unbeabsichtigten Folgen für eine angemessene Nährstoffversorgung, die Qualität der Ernährung und die Stoffwechselgesundheit führen kann. Das trifft insbesondere für den Verzehr nährstoffdichter Lebensmittel zu. So tragen Milchprodukte nicht nur mit Kalorien und gesättigte Fette zur Ernährung bei, sondern sind auch gute Quellen für Kalzium, Vitamin D, Kalium und hochwertiges Eiweiß. Die Nährstoffe in Milchprodukten lassen sich nur schwer durch andere Lebensmittel ersetzen. Darüber hinaus werden fermentierte Milchprodukte wie Joghurt und Käse mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht, unabhängig vom Fettgehalt. Assoziationsstudien lassen darüberhinaus vermutem, dass der Käsekonsum das Risiko für Typ-2-Diabetes, koronare Herzkrankheiten, Bluthochdruck und ischämische Schlaganfälle kausal senkt, was die Forscher zu der Schlussfolgerung veranlasste, dass es unangemessen sein könnte, die Wirkung von Käse auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur anhand der gesättigten Fettsäuren zu beurteilen."


Gregory D. Miller, Jean Ragalie-Carr, Moises Torres-Gonzalez: Seeing the forest through the trees: the importance of the food matrix in diet quality and human health, Advances in Nutrition,
2023, ISSN 2161-8313 (www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2161831323002740)